Fehler, die eine Ladung unwirksam machen 

Im April 2010 veröffentlichte die zuständige Gemeinde im örtlichen Bekanntmachungsblatt eine Einladung zu einer Versammlung einer zu bildenden Angliederungsgenossenschaft. Diese war von typischen Fehlern nur so gespickt.

Einberufung der Vollversammlung der Angliederungsgenossenschaft des Eigenjagdbezirks „E“ der Stadt M

Mit Abrundungsbescheid des Landrates des Landkreises M als untere Jagdbehörde vom 22.03.2010 wurden die in unten stehender Liste aufgeführten Grundstücke bzw. Teile von Grundstücken den Eigenjagdbezirk „E“ der Stadt M angegliedert.
Gemäß § 9 Landesjagdgesetzt M-V bilden die Eigentümer (Jagdgenossen), deren Grundflächen einem Eigenjagdbezirk eingegliedert sind, zur Vertretung ihrer Rechte, die sich aus der Angliederung ergeben, eine Angliederungsgenossenschaft.
Solange die Jagdgenossen der Angliederungsgenossenschaft keinen Vorstand gewählt haben, werden gemäß § 9 Bundesjagdgesetz die Geschäfte vom Gemeindevorstand (Bürgermeister) wahrgenommen.
Die Eigentümer der in unten stehendem Verzeichnis aufgeführten Grundstücke sind hiermit zur Vollversammlung der Angliederungsgenossenschaft des Eigenjagdbezirkes „E“
am Mittwoch, den 28.04.2010 um 19.00 Uhr
im Amtsgebäude des Amtes M, Sitzungssaal, herzlich eingeladen.

Tagesordnung:

1. Eröffnung und Konstituierung der Vollversammlung
2. Beschluss der Satzung der Angliederungsgenossenschaft
3. Wahl der Jagdvorsteherin/des Jagdvorstehers, der Vertreterin/des Vertreters und der Schriftführerin/des Schriftführers.
4. Beschluss über die Art und Höhe der Auskehrung des Pachtzinses

Jagdgenossen können sich vertreten lassen. Der Vertreter muss schriftlich bevollmächtigt sein. Aus der Vollmacht muss der vertretene Grundeigentümer als auch die vertretenen Grundstücke (Fläche) ausdrücklich hervorgehen.
Beschlüssen der Jagdgenossenschaft bedürfen sowohl der Mehrheit der abwesenden und vertretenen Jagdgenossen als auch der Mehrheit der bei der Beschlussfassung vertretenen Grundfläche.
Der Entwurf der Satzung der Angliederungsgenossenschaft liegt im Amt M, R.-Straße .., in 1…. M während der Sprechzeiten zur Einsichtnahme aus.

M, 25.03.2010
xxx
Bürgermeister Stadt M


Grundflächenverzeichnis der
Angliederungsgenossenschaft EJB „E“

Gemarkung Flurstück Fläche (ha) Teilfläche (ha)




Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

Der Anlass der Bildung einer Angliederungsgenossenschaft wird in der Einladung fein beschrieben. Maßgeblich sind (in Mecklenburg-Vorpommern) § 9 LJagdG M-V in Verbindung mit § 9 BJagdG. Durch die Untere Jagdbehörde waren Flächen Dritter einem Eigenjagdbezirk zugeordnet worden. Diese bilden sozusagen ein "gemeinsames Sprachrohr", mit dem sie "mit einer Stimme" gegenüber den Eigenjagdbesitzer auftreten können.

Zuerst ist aber die Gemeinde gefordert, die bis zur Konstituierung der Angliederungsgenossenschaft in der Verantwortung steht.

Doch was für Fehler hat sie in dem vorgenannten Fall gemacht?

1. Der Begriff „Jagdgenosse“ ist in § 9 BJagdG abschließend beschrieben.
Jagdgenossen sind Mitglieder einer Jagdgenossenschaft.
Mitglieder einer Jagdgenossenschaft sind ohne Ausnahme sämtliche Eigentümer der zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundflächen, auf denen die Jagd gesetzlich zugelassen ist.

Die Grundflächen, die durch den Angliederungsbescheid dem Eigenjagdbezirk angegliedert sind, gehören gerade nicht zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk.

2. Richtig ist, dass die Geschäfte vom Gemeindevorstand (Bürgermeister) wahrzunehmen sind, solange die Mitglieder der Angliederungsgenossenschaft keinen Vorstand gewählt haben.
Falsch ist, dass dieses „gemäß“ § 9 Bundesjagdgesetz (BJagdG) erfolgt. Richtig muss es heißen, dass gemäß § 9 Landesjagdgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LJagdG M-V) in entsprechender Anwendung von § 9 BJagdG der Gemeindevorstand die Geschäfte wahrzunehmen hat.

3. Die Einladung hat die genaue Adresse des Veranstaltungsortes anzugeben. Ein bloßer Verweis auf das Amtsgebäude des Amtes M. ohne Orts- und Straßenangabe reicht nicht aus, zumal das Amt über mehrere Gebäude in verschiedenen Gemeinden verfügt.

4. Die Mitglieder der Angliederungsgenossenschaft haben keinen Anspruch auf Pachtzins sondern auf eine Entschädigung.

5. Die Jagdgenossenschaft hat mit der Angliederungsgenossenschaft nichts zu tun. Deren Beschlüsse sind also völlig egal.

6. Hier wurde offensichtlich, ohne nachzudenken, ein Muster für eine Einladung zu einer Jagdgenossenschaftsversammlung verwendet. Immer wieder taucht der Begriff „Jagdgenosse“ auf. Diesen geht die Angliederungsgenossenschaft aber nichts an.


Diese Einladung zur Mitgliederversammlung ist formell fehlerhaft. Sie ist ein Einfallstor für Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Angliederungsgenossenschaft. In dieser Vollversammlung kann ein Vorstand der Angliederungsgenossenschaft nicht wirksam bestellt werden.

Bevor „das Kind in den Brunnen gefallen ist“ und Rechtsstreitigkeiten provoziert worden sind, sollten sich auch Behörden gerade in allen Angelegenheiten, die mit Jagdrecht (insbesondere Jagdgenossenschaften, Angliederungsgenossenschaft und Wildschadensausgleich) zu tun haben und damit nicht "tägliches Brot" der Behörde sind, lieber vorher einem Fachanwalt für Verwaltungs- und Agrarrecht anvertrauen. Ansonsten begegnet er ihr auf der Gegenseite.

In unserer Kanzlei steht Ihnen mit Rat und Tat Rechtsanwalt von der Wense , Fachanwalt für Verwaltungs- und Agrarrecht zur Verfügung.